Piz Badile (3.308 m)

NO-Wand »Another Day in Paradise« VII+ (VII obl.)

Ganz so paradiesisch, wie es die Vorschusslorbeeren des Namens vermuten lassen, ist die Tour leider nicht. In den ersten drei bis vier Seillängen sorgen Moospölsterchen für lang anhaltend nassen Fels, und auch die Absicherung erlaubt keinen stressfreien Klettergenuss. Darüber hinaus waren die Schwierigkeitsangaben der Erstbegeher wohl kaum für eine durchgehend freie Begehung gedacht. Wir haben diese teilweise um einen ganzen Grad erhöht! Entgegen aller Informationen ist die Routen nur teilsaniert–so stecken abwechselnd neue Inox-Bohrhaken und alte verrostete Ringbohrhaken, die sich farblich kaum noch vom Fels abheben. Um so manchen Haken zu lokalisieren, wäre somit ein Fernglas hilfreich. Vom Mittelteil an gibt es sogar nur noch je einen sanierten Bohrhaken an den Ständen. Richtung Ausstieg steckt dann fast gar nichts mehr, und die Felsqualität nimmt stetig ab, so dass die Erinnerung an die schönen Seillängen im Mittelteil schnell verblasst. Gerade dort ist der Fels teilweise hervorragend und lässt fast vergessen, dass man in einer ausgesprochenen Plattentour unterwegs ist. Beeindruckend ist auch das Ambiente in dieser Riesenplattenflucht, wo sich die Blicke gerne mal in Raum und Zeit verlieren. Die Dimensionen dieser Wand wirken auf das Auge völlig verzerrt und irrational. Mittlerweile könnte zwar über die Tour abgeseilt werden, was jedoch nur anzuraten ist, wenn der Serac am Einstiegsband ganz verschwunden oder wirklich gefahrlos zu »hintergehen« ist. Bei warmen Temperaturen besteht je nach dessen Zustand Lebensgefahr! Leider mussten wir einen tragischen Unfall selbst mit ansehen. Bei dem großen Andrang zum heuteüblichen »Cassin«-Einstieg wäre ein Fixseil oberhalb des Seracs längst überfällig –oder aber ein Hinweis auf der Hütte, vielleicht doch besser den Originaleinstieg über den Cengalogletscher zu benutzen, wenn die Verhältnisse es erfordern. Natürlich dann mit dem entscheidenden Nachteil, das Gletschergerödel durch die Tour zerren zu müssen. Die Bequemlichkeit der meisten, die somit zu einer erhöhten Risikobereitschaft führt, wird dies jedoch sicher zu verhindern wissen.

 

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