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Für eine Hand voll Pasta

Warum nicht mal wieder zum Klettern ins südliche Bergell?

Seit 15 Jahren schlummerten in meinem Tourenordner noch einige Toptouren, die ich gerne irgendwann einmal klettern wollte. Doch meist trieb uns das Wetter in den letzten Jahren immer weiter in den Süden.

Ausgerechnet in diesem Gewittersommer wollten wir ein Wetterfenster von vier zusammenhängend guten Tagen nutzen und stiegen mit großer Vorfeude den langen Weg hinauf zum Rifugio Gianetti.

13 Jahre sind eine lange Zeit. So lange liegt der letzte Besuch nun zurück. Und im laufe der Jahre verblassen so manche Erinnerungen. Vieles verdrängt oder vergisst man. Doch die tolle Kletterei blieb in bester Erinnerung.

 

Nach 1400 Höhenmetern Aufstieg stellte sich schon am Vorabend ein ordentlicher Hunger ein. Doch ich hatte vergessen...

Die Portionen waren schon früher nur für den kleinen Hunger gedacht und sind es bis heute geblieben. Primo piatto: 50 gr. Pasta mit einem Hauch von Tomaten und zwei Gramm Rinderhack. Secondo: Ein Kinderschnitzelchen mit einem Klecks Kartoffelbrei und etwa 10 Bohnen. Als Dolce ein Mikroschälchen Panacotta.

Das Frühstück mit Zwieback und "umweltfreundlich" abgepackten Aufstrichen (muss das heute noch sein?) für 12 EUR nicht erwähnenswert. Dafür gibt es dann ein Umweltgütesiegel...

Gücklicherweise hatten wir noch Brot und etwas Kuchen dabei und so konnten wir die Kalorienlücke gerade so stopfen.

Die Aufstiegsmüdigkeit steckte uns doch mehr in den Knochen als uns lieb war und so beschlossen wir erstmal eine kurze Akklimatisationstour am Dente della Vecchia. Volltreffer! Die Kletterei ist noch schöner, als ich sie in Erinnerung hatte. Griffige Platten mit Chickenheads, tolle Veschneidungen und Risse. Kletterherz was willst du mehr?

Natürlich! Etwas gutes zum Essen und Trinken. Und dabei satt werden.

Nachdem das Menu am Vorabend sehr lecker war, fieberten oder besser gesagt hungerten wir uns auch an diesem Tag auf das Abendessen hin. Unsere Vorräte waren bereits aufgebraucht und der Akku lief schon auf Reserve.

Bestellen wir uns also besser mal eine Zwischenmalzeit.

Pasta für 7,50 EUR. Eigentlich erschwinglich. Doch egal welcher Preis, man möchte ja halbwegs satt werden. Und mit 60-70 gr. Nudeln ist das kaum möglich. Warum spart man hier an 100 gr. Nudeln, die bei großen Einkaufsmengen und selbst mit Hubschraubertransport nicht mehr als 10-20 Cent kosten?

Ich habe leider keine Erklärung.

 

| Wie köstlich Zwieback und Honig doch sein können, wenn man Hunger hat.

Ich möchte das eigentlich auch nicht weiter kommentieren. Denn alle Besitzer unserer Bücher und aufmerksame Magazin-Leser kennen meine Meinung zu vielen Hütten. Positive wie negative. Und glücklicherweise haben wir uns nie auf irgendwelche "Spielchen" eingelassen, um von unserer Führertätigkeit zu profitieren. Ich möchte einfach nur, wie jeder andere Gast auch, freundlich und gut bewirtet werden. Und nach einem anstrengenden Klettertag satt werden. Jammerschade, dass so viele Hütten an den schönsten Plätzen der Alpen dieses Manko nie behoben haben. Inzwischen gibt es zwar fast überall Federbetten und keine staubigen Kratzdecken mehr. Dazu oft sogar eine heiße Dusche. Über das Preis/Leistungsverhältnis kann man inzwischen auch schon mal diskutieren. Für 50 EUR möchte ich mich schon wenigstens satt essen können. Und nicht noch 3 x 7,50 EUR zusätzlich für jeweils 70 gr. Pasta ausgeben müssen.

 

Am nächsten Tag waren wir beide so entkräftet, dass wir auf unsere lange Tour, auf die wir uns so gefreut hatten, verzichten mussten. Der Abstieg wurde gefühlt doppelt so laaang, der Kopf war leer, ohne tolle Erinnerungen. Und vor uns ständig eine Pizza-Fata Morgana...

 

Eigentlich wollten wir ursprünglich noch zum Rifugio Allievi hinauf. Ihr wisst schon! Dort wo megareiche Mailänder zum Heliclimbing hinauf geflogen werden... Das schlechte Wetter verhinderte dies sowieso. Muss ich mir das nach so vielen Alpintouren und so vielen Jahren in den Bergen nochmal antun? Etwas traurig ist es schon und wie gerne würde ich wenigstens ein klein wenig dazu beitragen, dass sich etwas ändert. Früher schon haben wir jeweils drei Portionen Pasta bestellt, die Hüttenwirte angesprochen. Alles zwecklos! Einmal sogar, wurde der Nachschlag an die Katzen verfüttert, statt an die Gäste. Oft gab es für Spätrückkehrer nur noch maximal "kalte Küche". Und nicht selten wird in manchen Hütten Ausländern sogar ein Aufenthalt verweigert, weil man sowieso weiß, dass sie keine Flasche Wein für 35 Franken konsumieren und nur für "Arbeit" sorgen, ohne großen Ertrag.

 

Die Menschlichkeit ist leider auf der Strecke geblieben.

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