In diesem Monat häufen sich wieder die Meldungen, dass Haken aus bestehenden Touren entfernt wurden.
Nun wurde in den Wendenstöcken, sogar eine ganze Route zurückgebaut.
Michal Pitelka und Yannick Glatthard haben kurzen Prozess gemacht und die "Gran Paradiso" (8c) von Jörg Andreas komplett renaturiert, weil ihnen die Hakenabstände zu eng waren und nicht der von ihnen erhobenen Ethik entsprechen.
Seit vielen Jahren frage ich mich: Was sind das für Charaktäre? Was geht in diesen Köpfen nur vor?
Was treibt diese Menschen an, so etwas zu tun? Anderen und sich selbst damit zu schaden?
Glücklicherweise kann bis dato jeder in den Alpen tun und lassen was wer möchte. Früher hat man sich Diretissimas hochgenagelt, später wurde es durch Bohrhaken möglich Platten zu klettern. Es entwickelten sich Plaisirrouten und Gebiete mit fordernden Routen. Doch im Prinzip kann und darf jeder kann nach seinem Gusto Routen erschließen. Egal ob clean, mit Schlaghaken, Bohrhaken, egal mit welchen Hakenabständen. Sollte man meinen...
Doch leider gibt es in fast jedem Gebiet einzelne selbsternannte Grals- und Sittenwächter, die nur ihre eigene Ethik dulden.
Bisher kannte man dieses Phänomen fast nur aus den Dolomiten, dem Elbsandstein oder aus dem Frankenjura. International vom Cerro Torre. Doch nun auch verstärkt aus der eigentlich so fortschrittlich agierenden und denkenden Schweizer Kletterszene.
Erst Bockmattli (Supertramp), jetzt in den Wenden. Wobei beide Fälle sicher nicht vergleichbar sind. Dennoch zerstören einzelne das Werk anderer, brüsten sich damit und versuchen einer andersdenkenden breiten Masse ihren Stempel, ihre Denkweise und Ethik aufzudrücken.
Sind die Berge und Felsen deren Eigentum oder ein Allgemeingut?
Was oder wer berechtigt diese Menschen über andere zu richten?
Sie schaffen Fakten ohne auch nur ein Wort der Diskussion.
Haben sie etwa davor Angst ihren Nimbus zu verlieren?
Ihren Kultstatus, wenn andere sich daneben hochbohren und dabei nicht ihr Leben oder Gesundheit riskieren?
Viele Routen in den Wenden oder Dolomiten bekommen selten bis gar keine Wiederholungen.
Wer soll auch seine Gesundheit für etwas riskieren was es nicht Wert ist?
Natürlich darf jeder "free solo" mit seinem Leben spielen, wenn er es denn mag.
Und wenn er es überlebt darüber berichten, sofern es Leser und Zuhörer dafür gibt.
Aber wer gibt diesen Menschen das Recht, die Arbeit und das Werk anderer zu zerstören?
Vielleicht braucht es doch so langsam eine gesetzliche Regelung. Zumindest wenn es so weitergeht.
Ein "normales" Miteinander scheinen diese Menschen nicht zu kennen.
Man muss kein Psychotherapeut sein um zu erahnen oder zu erkennen was in diesen Köpfen vorgeht.
Für mich ist das alles einfach nur schockierend und macht mich sehr traurig.
Leider betrifft es auch mich selbst immer wieder. Freunde von mir und viele andere kletterbegeisterte Kollegen.
Wann hat das blos mal ein Ende?
Volker Roth
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Robert (Montag, 28 Oktober 2019 21:03)
Es ist schockierend was diese angeblichen Lokals und Gebietswächter anstellen; völlig überzeugt von ihrem Tun. Traurig, doch leider gibt es immer wieder solche. Guter Text geschrieben, kann dem nur beipflichten
Arnold (Sonntag, 12 Juli 2020 22:22)
Der Vergleich mit dem Bockmattli hinkt gewaltig. Bei der Supertramp sollte man explizit festhalten, dass die Rücksanierung auf Wunsch von Martin Scheel, also dem Erschliesser, stattfand. Nun kann man sich darüber natürlich beschweren, aber manchmal lohnt es sich auch, die Perspektive zu wechseln. Am Bockmattli hat es überall Plaisirrouten. Höhlenweg, Echo der Zeit, Direkte Nordwand (ja, die direkte Nordwand, die im Pause-Führer drinnen war - ich war letzte Woche drinnen und hätte Friends und Keile getrost unten lassen können). Generell ist die Schweiz bestens mit Plaisirrouten ausgestattet. Warum also nicht wenigstens ein paar Routen für die 'Extremen' lassen, wenn sie daran ihre Freude haben? Ich will auch nicht, dass am Furka noch mehr vernagelt wird, obwohl man perfekt selber sichern könnte. Warum ist jetzt meine Meinung die einzig richtige? Es wäre doch schön, wenn es eine friedliche Koexistenz sämtlicher Strömungen gäbe. Dazu gehört eben auch, cleane Routen clean zu lassen und Extremklassiker als eben solche zu akzeptieren. Manchmal reicht es halt, einen ehrfürchtigen Blick nach rechts in die gigantische Plattenflucht zu werfen.
Das ändert allerdings nichts daran, dass die Wendenaktion einen ziemlich schalen Nachgeschmack hinterlässt.